Die Tage werden kürzer, die Ärmel länger und die ersten Plastikvampirzähne und Lebkuchen drängen in die Ladenregale. Während die meisten Menschen ihren Jahresurlaub bereits in der Sonne bräunend verbracht haben, freue ich mich darauf, die Dunkelheit eines Kinosaals meine bleiche Haut umschmeicheln zu lassen. Es ist Fantasy Filmfest Zeit!
Was sich letztes Jahr bereits durch unseren Bad Vilbel Umzug und den Hundeeinzug abzeichnete, wurde dieses Jahr traurige Realität: Keine Dauerkarte mehr. Schnüff. Die Entscheidung fiel mir nicht leicht, aber alleine machte mir das Festival nicht mehr so viel Spaß wie mit meinem Mann, und wir konnten Aaron verständlicherweise nicht so lange alleine lassen. Dazu kam der durch die Bahntickets inzwischen doch ganz schön happige Preis und die Frage, ob DVD-Abende daheim mit Freunden nicht eine sinnvollere Investition wären. Also erlegte ich mir selber die Beschränkung auf, maximal 10 Einzeltickets für Filme zu kaufen, und diese möglichst so zu verteilen, dass die Bahn sich bei Festivalende nicht mehr von meinem Ersparten einverleibt hätte als das Kino.
Nach Jahren des Dauerkarten-Luxus kann ich euch sagen: Das FFF auf einmal mit Einzeltickest zu besuchen ist unheimlich anstrengend! Das beginnt bei der Filmauswahl. In den letzten Jahren strich ich pro Tag ein bis zwei Filme, die mich am wenigsten interessierten, um Platz für Essenspausen zu haben. Sollte sich etwas an meinem Plan verschieben, waren spontane Umentscheidungen problemlos möglich. Jetzt sollte ich auf einmal VORHER festlegen, welche Filme ich sehen würde, und noch dazu extrem aussieben. Ich verglich schweißgebadet IMDb mit Letterboxd Bewertungen, nur um dann doch aufgrund einer F3a Bewertung alles über den Haufen zu werfen. Immer hatte ich die Angst im Hinterkopf, für einen unwürdigen Film 10 € auszugeben und dafür das große Festivalhighlight zu verpassen. Die psychische Belastung im Vergleich zur Dauerkarte ist also nicht zu verachten. Und dann folgte noch das Schlangestehen für den Kartenkauf, nur um am Ende einen Batzen minderwertiger Kassenbons in den Händen zu halten, deren Selbstzerstörungsprozess bereits in dem Moment einsetzt, in dem man sie in die Hosentasche steckt. Hach, geliebte Dauerkarte, ich vermisse dich…
Aber genug des Gejammers, so eine Festivaldiät bringt ja auch Vorteile mit sich: Man kann sich die Highlights rauspicken. Ich optimierte meinen persönlichen Timetable so lange, bis ich mir sicher war, dass er nur noch aus überdurchschnittlicher Kost bestand. Samstag und Sonntag standen je zwei Filme an, Mittwoch und Donnerstag je drei. Über die ersten beiden Tage will ich jetzt berichten. Wie gewohnt mit Links zu meinen spoilerfreien Letterboxd Reviews.
Samstag, 16.9.2017
Blade of the Immortal zeigt, dass Takashi Miike bei seinem 100. Film immer noch Sehenswertes abliefern kann. Zumindest Freunde von Samurais, die sich mit Schwertern und Äxten durch nie Enden wollende Gegnerhorden schnetzeln, werden ihre Freude haben. Der Film überrascht zwar nicht sonderlich mit seiner Handlung und bietet trotz übernatürlicher Elemente nicht die aus anderen Miike-Filmen bekannten Verrücktheiten, aber er ist sympathisch, stellenweise sogar lustig und liefert in Punkto Action mehr als ab.
Ausführliche Review
Super Dark Times folgt in atmosphärisch düsteren Bildern zwei Freunden, deren Leben durch einen tragischen Unfall eine extreme Wendung nimmt. Man sollte hier nichts übernatürliches erwarten, aber dafür bekommt man eine von den jungen Hauptdarstellern sehr überzeugend gespielte Coming of Age Geschichte geboten, die sich zu einem spannenden Thriller entwickelt.
Ausführliche Review
Sonntag, 17.9.2017
It Comes at Night wurde im Vorfeld extrem gelobt, und es handelt sich tatsächlich um einen ambitionierten Genrebeitrag, der Wert auf Atmosphäre legt. Aber irgendwie war mir das alles zu wenig, sowohl was echten Horror als auch die Charakterzeichnunge angeht. Und sonderlich einfallsreich ist die Geschichte von der Paranoia Fremden gegenüber nicht, auch wenn sie gerade besonders aktuell wirkt. Kein schlechter Film, denn ich mochte zum Beispiel sehr, wie er Schwarz-Weiß-Zecihnungen von Gut und Böse vermeidet. Aber gemessen an den hohen Erwartungen war ich ein wenig enttäuscht.
Ausführliche Review
The Autopsy of Jane Doe ist mein bisheriges Festivalhighlight. Ein runder Horrorfilm, der zuerst mit seinen sympathischen Charakteren unterhält und einen fast schon lockeren Ton aufbaut, um dann den blanken Schrecken loszulassen. Wen eine im Detail gezeigte Autopsie und ein paar laute Jump Scares nicht abschrecken, dürfte sich hier wohl fühlen. Außerdem hat mir sehr gefallen, wie die mysteriöse Geschichte wie ein Kriminalfall aufgerollt wird. Andre Øvredal sollte man im Auge behalten, schon sein Erstling “Troll Hunter” war sehenswert.
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