Leichenschändung von alten Vexatori-Reviews… Wie angekündigt, möchte ich Texte meiner alten Website vexatori.de für diesen Blog überarbeiten, denn es wäre schade, wenn die ganzen Filmperlen in Vergessenheit geraten würden. Ich werde euch die Reviews in mundgerechten Häppchen präsentieren, immer eine Hand voll Filme zu einem bestimmten Thema. Den Anfang macht heute ein Subgenre des Horrorfilms, das sich offenbar vor allem im Italien der 70er und 80er großer Beliebtheit erfreute: der Kannibalenfilm. Er zeichnet sich in seiner klassischen Form vor allem durch vier Dinge aus:
- Ausweidungs-Szenen. Das Spektrum reicht hierbei von verwerflichem Tiersnuff bis hin zu lustigem Currywurst-Gepansche. Wichtig: Mit dem Essen darf gespielt werden.
- Exotische Schauplätze. In billigeren Produktionen darf es auch mal der klassische mitteleuropäische Mischwald sein, aber dann sollte zumindest ein ausgestopfter Papagei nicht fehlen, um dies zu kaschieren. Man kann auch auffällig in der Aufnahmequalität schwankende Aufnahmen von Afrika einkaufen und dazwischen schneiden.
- Wilde, schwarze Buschmänner. Wahlweise kann auf angemalte Weiße zurückgegriffen werden, hauptsache sie schaffen es, möglichst böse dreinzuschauen und unzivilisiert um Lagerfeuer zu tanzen. Rassistische Klischees werden nicht so eng gesehen.
- Gefangene, weiße Frauen. Oft müssen sie gefesselt mit ansehen, wie ihre männlichen Begleiter verstümmelt und verspeist werden. Ihre Kleidung wird im Verlauf des Films zerrissen, damit man ihre Brüste besser sehen kann.
Mit diesem Vorwissen möchte ich jetzt ein paar Worte zu sechs Kannibalenfilmen verlieren.
Cannibal Holocaust
Auch wenn man das ganze grob zu “Sex und Gewalt vor idyllischer Tropenkulisse” zusammenfassen könnte, ist dieses 1979 gedrehte Machwerk bei weitem kein Unterhaltungsfilm. Hier wollte man ganz eindeutig schocken, und das auf möglichst realitätsnahe Art und Weise. Da es an der Umsetzung nichts zu bemängeln gibt, gelingt dies auch ohne unfreiwillig komisch zu wirken. Es gibt viele sehr brutale Szenen, unter anderem ein Musterbeispiel ist die gepfählte Frau. Außerdem muss man leider Tiersnuff über sich ergehen lassen, was für mich der größe Kritikpunkt an “Cannibal Holocaust” ist. So etwas gehört in keinen Film, es gibt immer Möglichkeiten solche Szenen nachzustellen.
Das besondere an dem Film ist allerdings, dass er sich nicht allein auf Blut und Entsetzen beschränkt, sondern eine Botschaft hat: Die zivilisierten Menschen verhalten sich wie Wilde und sind die eigentlich Schuldigen an den grausamen Ereignissen die dann folgen. Ein weiterer interessanter Punkt ist die Kameraführung in einem Großteil des Films, die Blair Witch-ähnlich aus der Sicht eines verschollenen Filmteams zeigt, was sie erlebt haben. Man sieht wie das Filmteam Eingeborene schlecht behandelt um etwas spannendes vor die Linse zu bekommen, und wie diese sich dann irgendwann zur Wehr setzen. Man kann die Art der Darstellung sicher als innovativ für die damalige Zeit bezeichnen.
“Cannibal Holocaust” ist zwar der anspruchsvollste Kannibalenfilm, den ich bisher gesehen habe, aber trotzdem kann man ihn nicht uneingeschränkt empfehlen. Es ist auch abseits der Tiertötungen definitiv keine leichte Kost und gilt zu recht als Klassiker unter denen, die sich für härtere Filme interessieren.
Cannibal Ferox – Die Rache der Kannibalen
Nur 2 Jahre nach “Cannibal Holocaust” entstand ebenfalls in Italien dieser Film, der dem einen oder anderen sicherlich durch seinen Trailer ein Begriff sein dürfte. Nur soviel dazu: jawoll, der Trailer zeigt schon alle interessanten Szenen.
Eine Anthropologin will durch eine Expedition beweisen, dass es keinen Kannibalismus gibt. Im Urwald trifft ihr kleines Team allerdings auf zwei Männer, die behaupten von Kannibalen angegriffen worden zu sein. Was dann kommt, hat viel mit Blut und nackter Haut zu tun, und ist schon deutlich mehr auf das Mainstream Horror-Publikum ausgerichtet als “Cannibal Holocaust”. Es geht sehr brutal zu, aber die Gewalt unterhält schon teilweise mehr, als dass sie abschreckt. Der Film hat einige interessante Folterszenen für den geneigten Splatterfan zu bieten, und auch wenn der Schluss vorhersehbar ist, gehört er doch noch zu den besseren Kannibalenfilmen. Es gibt keine erwähnenswerten Längen und die Schauspieler sind auszuhalten. Wer Kannibalenfilme mag, oder einen typischen Vertreter des Genres sucht, kann ihn sich also ansehen – oder den Trailer, wenn man Zeit sparen möchte. Wer allerdings mit dem Genre an sich schon wenig anfangen kann, verpasst nichts. Außerdem wurden leider auch hier wieder Tiere vor der Kamera getötet.
Cannibal Terror
Kommen wir nun zu einem Film, der die Ehre hat, in meine bisherigen Lebensanalen als der mieseste Film aller Zeiten einzugehen… zumindest ist es der Film, den wir schon am öftesten ungläubigen Freunden gezeigt haben, um das Leid mit ihnen zu teilen. Denn man hält es nicht für möglich dass Menschen zu so etwas fähig sind, wenn man es nicht mit eigenen Augen gesehen hat. Cannibal Terror!
Die Story sieht folgendermaßen aus: Die Tochter einer reichen Familie wird entführt und die Kidnapper fliehen mit ihr in den Kannibalen-verseuchten Dschungel – wohin auch sonst? Als ihnen dann die Familie hinterherreist kommt es zum Showdown zwischen Eltern, Kannibalen und Gangstern.
Scheiße, ist der Film scheiße :-O Nicht dass er einfach nur schlecht wäre, er ist auch noch tot langweilig. Vor allem eine “Verfolgungsjagd” durch den Urwald am Ende, die sich ewig hinzieht. Und auch davor gibt es haufenweise Szenen bei denen man einfach nur den Kopf schütteln kann: Das dumme Mädchen, das anscheinend Spaß an der Entführung hat… die Vergewaltigung, bei der sich die Frau selber an den Fesseln festhält… die überflüssige Tanzszene der Entführer in der Hütte (bei der die Vergewaltigung dann vergessen ist)… die wenigen dilettantischen Kannibalen-fressen-Fleisch Szenen… und was soll diese Papierkatze??? Zu allem Überfluss hat man dem Film auch noch eine passende, weil skandalös schlechte deutsche Synchro beschert. Wäre das alles nicht so furchtbar langatmig erzählt könnte man ihn vielleicht an Trash-Freunde empfehlen, aber so kann ich das nicht guten Gewissens tun. Ehrlich… meidet diesen Film!
Amazonas
Was kommt jetzt…. oha, noch ein südeuropäischer Kannibalenfilm aus den frühen 80ern. Und er wird von manch gewieftem Verleih als Cannibal Ferox 2 angepriesen. Allerdings war ich dann doch ein wenig verblüfft, denn im Grunde handelt es sich eher um einen mittelmäßigen Abenteuerfilm. Blutige Szenen sind selten, dafür bekommt man aber eine klischeebehaftete Story um einen abenteuerlustigen Archäologen geboten, der im geheimnisvollen “Tal der Dinoaurier” nach Knochen suchen möchte. Sein Flugzeug muss notlanden und er sitzt mit anderen Passagieren im Regenwald fest. Die immer kleiner werdende Gruppe trifft auf ihrem Weg Richtung Zivilisation zuerst auf Kannibalen und dann auf einen feindlich gesinnten Edelsteinschürfer mit Sklaventreiber-Qualitäten.
Wie gesagt, ein harter Horrorfilm ist das nicht, denn man hat versucht das ganze mit Humor zu würzen. Der ist allerdings nicht unbedingt von der anspruchsvollen Sorte, so dass er mehr nervt als unterhält. Die Schauspieler und selbst ihre Synchro sind zwar in Ordnung, aber dadurch dass sie wie Karrikaturen wirken kommt keine Spannung auf. Der Film empfiehlt sich höchstens für Liebhaber seichter Abenteuerkomödien und Kannibalenfilme mit niedrigem Ekelpotential (immerhin kann man ihm hoch anrechnen, dass es keinen Tiersnuff zu sehen gibt). Aber ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass irgendjemand wirklich Spaß daran haben könnte… da ist der nächste schon eher was.
Cannibal! The Musical
Vielleicht bin ich nicht ganz neutral bei der Bewertung dieses Films, weil ich als South Park Fan das Erstlingswerk von Trey Parker und Matt Stone natürlich ebenfalls vergöttern muss… aber es ist wirklich ein verdammt lustiger Film! Er ist nicht mit den anderen hier genannten Kannibalenfilmen vergleichbar, weil weder ein Urwald, noch finstere Buschmänner und barbusige Frauen vorkommen. Aber dafür bekommt man einen Low Budget Western mit viel schrägem Humor, Musical- und Splattereinlagen geboten. Allein dieser gewagte Genre-Mix sollte schon Grund genug sein, einen Blick zu riskieren.
Erzählt wird die Geschichte des Goldgräbers Alfred Packer, der sich Ende des 19. Jahrhunderts mit einigen Männern auf den beschwerlichen Weg nach Colorado begibt. Statt Reichtum erwartet ihn eine Pechsträhne: Sein geliebtes Pferd Liane läuft weg, die anderen sterben und er wird des Kannibalismus angeklagt. Nur eine Reporterin interessiert sich dafür was wirklich passiert ist und will seine Unschuld beweisen, damit er nicht gehängt wird.
Die Lieder gehen gleich ins Ohr, und da die Splatterszenen zrückhaltend eingesetzt werden ist der Film auch etwas für zartbesaitetere Gemüter, die bloß auf den South Park typischen Humor stehen, der hier schon zu erahnen ist. Einziges Manko dürfte sein, dass der Film stellenweise noch sehr amateurhaft wirkt, aber darüber kann man hinwegsehen, da es ihm wiederum eine persönliche Note verleiht. Zusammenfassend: Shpadoinkle! :)
Anthropophagous 2000
Die letzte Station dieser kleinen Reise durch die Geschichte des Kannibalenfilms führt uns ausgerechnet nach Deutschland. Was Andreas Schnaas hier als Huldigung an den mir leider unbekannten Klassiker “Man Eater” abgeliefert hat wird allerdings wenig dazu beigetragen haben, den Ruf des deutschen Horrorfilms zu verbessern.
Es geht um einige Urlauber, die in ein verlassendes Dorf geraten, wo ein Psychopath auf auf sie lauert. Er schnappt sich einen nach dem anderen und tötet seine Opfer nicht nur bestialisch, sondern verspeist sie dann auch noch. Grausam ist hierbei vor allem die Machart des Films, denn es handelt sich um einen typischen Amateur-Splatterfilm. Die armselige Video-Optik und der extrem miese Ton fallen einem zuerst auf. Man versteht das meiste was geredet wird kaum und müsste eigentlich ständig die Lautstärke verändern um halbwegs der Handlung folgen zu können. Aber die ist ja zum Glück nicht so wichtig, das entscheidende sind die Spläddaaa-Szenen, nicht wahr Kinder? Man erkennt zwar überdeutlich, dass nur Puppen dran glauben müssen, aber die übertrieben blutige Art wie das in Szene gesetzt wird entschädigt dafür ein wenig. Wenn dieses miese Machwerk in einer Kategorie punkten kann, dann bei der Gewaltdarstellung, aber wer mehr möchte soll bitte einen großen Bogen drum machen!
“Außerdem muss man leider Tiersnuff über sich ergehen lassen, was der größe Kritikpunkt an “Cannibal Holocaust” ist.”
du ich muss dir leider folgendes dazu sagen
!!!Selbst innerhalb der Horrorfilm-Fangemeinde kam Kritik an den im Kannibalengenre verbreiteten realen Tiertötungen auf. Deodatos Aussage zufolge wurden diese allerdings anschließend vom Filmteam oder den Eingeborenen verspeist!!!
diese tiere wurden real getoetet ohne betaeubung. das ist auch der grund, wieso ich mir den film niemals anschauen werde. genau so wie “SEED”
Andreas Schnaas ist sowieso einer der grauenhaftesten deutschen Regisseure, natürlich nach Uwe Boll :D
Würde dir dringend empfehlen, dir Man-Eater anzusehen, ist zwar extrem trashig, aber hat nich ohne Grund eine grosse Fangemeinde.
Die XT-Hartboxen haben auch einen recht guten Audiokommentar von den Betreibern einer Man-Eater Website – wenn du billiger fahren willst geht auch das NSM Steelbook in Ordnung.
CH ist natürlich der Klassiker schlechthin, das Thema Tiersnuff ist aber ausgelutscht – Deodato hat auch schon mehrmals in Interviews gesagt, dass er es bereut und nicht mehr machen würde… gibt derzeit auch wieder ein recht gutes Magazin über CH – siehe http://www.tenebrarum.de
Die Cannibal Movie Chronicles gibts auch noch, fand ich aber nicht so prall.
Cannibal Terror ist mMn. der schlechteste Film in dem Genre :P
Cannibal – The Musical habe ich leider noch nicht gesehen, steht aber schon seit einiger Zeit auf meiner Wunschliste.
Cannibal Ferox ist auch einer meiner Favoriten – auch da gibts aber den Tiersnuff
Noch ein paar Empfehlungen zu dem Genre: Mondo Cannibale 2, Eaten Alive und falls du auf Trash stehst eine ganz grosse Perle: Zombies unter Kannibalen
Ich weiss, der Kommentar kommt spät, bin aber erst heute auf deinen Blog gestossen ;)