28. 08. 2013

A, B, CD in BH

CDs

Ursprünglich auf Polyneux gepostet.

gem_gamergirlIch geb’s besser gleich zu: Den folgenden Text schreibe ich, um mir fünf Euro zu verdienen. Hier sollen schließlich keine Gerüchte aufkommen, dass bestimmte Polyneux-Autoren ihre Nebenverdienste verheimlichen würden. Schwupps werden dann beim Tratschen aus den fünf Euro steuerrechtlich relevante 5.000 Euro und aus einem harmlosen Text irgendwelche versauten Gefälligkeiten unter Bloggerkollegen… man kennt das, Gerüchte verbreiten sich schnell bei Twitter. Und dann auch noch mit meinem Nickname.

Wovon ich erzählen möchte, ist meine letzte Bestellung an Computerzubehör. Was das mit Videospielen zu tun hat, wird die Konsolenspieler da draußen vielleicht im ersten Moment irritieren, deren alte Hardware seit Jahren Staubschicht auf Staubschicht schichten darf. Aber so ist das halt bei uns PClern, immer finden wir etwas Verbesserungswürdiges an den Kisten. Ein Kabel da, eine Karte hier, eine Platte dort und huch, inzwischen gibt es ja schon zwei neue Versionen des Betriebssystems meines Vertrauens. Immer auf der Jagd nach dem kleinen Bisschen mehr Performance für’s aktuelle Lieblingsspiel. So ergab es sich also, dass ich nach längerer Zeit mal wieder einige absolut notwendige Dinge bestellen wollte. Preisvergleiche lotsten mich zu einem Shop, der gerade ein passendes Angebot parat hatte, und so befüllte ich dort konsumwillig den Warenkorb. Ein sympathisches Logo hatten sie… das sah aus wie ich. Gesicht mit Haaren und Brille. Ich fühlte mich verständlicherweise direkt dazu hingezogen und klickte auf „Bestellen“.

Innerhalb weniger Tage erreichte mich das erste von zwei Paketen, und beim Öffnen erregte diese Beilage meine Aufmerksamkeit:

pcfritz1Unter den vielen belanglosen Flyern, die Tag für Tag meine Existenz tangieren, war dieses Exemplar das mit Abstand am perfidesten auf die weibliche Zielgruppe abgestimmte, das mir je untergekommen ist. Da sag noch einer, die Computerbranche würde die Frauen ausschließen oder gar diskriminieren!

Als ich sah, wie diese selbstbewusste junge Dame ihr Hinterteil an das Auto rieb, verspürte ich direkt den Drang, es ihr gleich zu tun. Sie markiert ganz offensichtlich das typisch männliche Statussymbol, um zu zeigen: weg da, das ist meins! Dass es sich ausgerechnet um einen Smart handelt, verschärft die Ironie der Aussage noch, denn wir wissen ja alle, wofür kleine Autos bei Männern stehen. Hier sehen wir also eine dominante Frau. In Dominastiefeln. Mit Domain auf dem Slip. Nur ein Dominospiel hätte die Metapher noch offensichtlicher machen können. Aber da die angepeilte Zielgruppe hier nicht nur weiblich, sondern auch in den höheren Bildungsschichten angesiedelt ist, muss man ihr das natürlich nicht noch deutlicher erklären. Intelligente (smarte…) Menschen verstehen schon, wie’s gemeint ist. Auch sympathisch: Die Autoreifenreiberin leckt an einem Lolli, was mir als von Schlankheitswahn und Modediktaten gepeinigter Frau sagen soll, dass ich mich nicht dem Zwang des Kalorienzählens unterwerfen soll. Naschen ist okay, sei stolz auf deinen Körper!

Etwas verdutzt war ich im ersten Moment, als ich den Text zum Bild las. Gewinne ein Weekend mit den Fritzgirls…? Ich dachte, hier sollten Frauen angesprochen werden? Aber mit Sicherheit handelt es sich dabei um einen typischen Frauenausflug. Ich sah mich schon in Gedanken mit den Girls auf meiner beengten Rückbank durch die Wetterau kurven, während wir angeregte Diskussionen über Feminismus in der Gamingbranche führen. Gerne könnten sie sich auch an jedem Rastplatz an den Reifen reiben, wenn ihnen danach wäre. Vielleicht würde ich auf diese Weise Freundinnen fürs Leben gewinnen? Neue Bekanntschaften knüpfen ist schließlich immer gut, und gerade als Frau habe ich dafür ja neben dem Hausputz und der Essenszubereitung für meinen Gatten so furchtbar wenig Zeit. pcfritz versteht meine Not. Voller Vorfreude schwor ich dem Shop bei Facebook durch einen beherzten Klick meine Treue und wartete auf mein zweites Paket. Als dieses einige Zeit später eintraf, befand sich darin ein weiterer Flyer:

pcfritz2Welch ein Kunstwerk! Geschmackvoll, gesellschaftskritisch, lehrreich und humorvoll zugleich.

Da sehen wir eine Blondine, die gar nicht weiß, wohin mit dem vielen Geld, das sie letzte Nacht mit ihrem Körper verdient hat. Nein, Verzeihung. Das war nur meine erste Assoziation, die natürlich vollkommen an den Haaren herbeigezogen ist. Erst denken, dann schreiben… Wie kann ein Mädchen, das sich so unschuldig den Finger auf die Lippen legt, ein freizügiges Luder sein, das freiwillig in peinlich bedruckter Unterwäsche posiert? Ihr war sicher nur warm. Seht, sie hat sich sogar CDs zum Kühlen ihrer Brüste in den BH gesteckt. Das mache ich im Sommer auch immer, es wirkt tatsächlich Wunder. Man sollte nur darauf achten, sie zu wechseln, sobald sie klebrig werden. Und wenn man sie vergisst, ein T-Shirt überstreift und so nach draußen geht, kann es passieren, dass einem seltsame Blicke zugeworfen werden. So prickelnd ist dieser Trend also doch nicht. Und abschweifen auch nicht. Jedenfalls… dem Mädel ist nicht nur warm, sondern sie ist auch reich. Das Geld hat sie pcfritz zu verdanken, denn einer Jungfrau in Nöten wird dort gerne geholfen. Ob sie beim letzten Gewinnspiel den Smart gewonnen und verkauft hat? Aber nein, hier geht es um etwas völlig anderes. Der Text verrät es: Sie hat sich das Geld mit Schreiben VERDIENT! Fünf Euro gibt es nämlich laut Flyerrückseite dafür, wenn man über pcfritz schreibt. Und da haben wir sie wieder, die starke Frau, die hart arbeitende Frau, die schlaue Frau. Fast wird mir ein bisschen schlecht von so viel Emanzipation. Davon gibt es seit letztem Jahr echt zu viel hier im Internet, man sollte dem langsam einen Riegel vorschieben. Aber pcfritz kriegt glücklicherweise gerade noch die Kurve, indem sie sie nicht in einen einschüchternden Blazer stecken, sondern ganz casual posieren lassen, wie unsereins sich halt im Home Office locker macht. Als Freelancer und Gelegenheitsblogger kenne ich das natürlich auch aus eigener Erfahrung. Was meint ihr, wie ich hier gerade sitze? Bestimmt nicht mit Hose.

Insgesamt also wieder ein ambitionierter Flyer, meinen anerkennenden Applaus dafür. Während bei dem letzten zusätzlich zur vordergründigen Botschaft eine pointierte Kritik am Schlankheitswahn eingebaut worden war, war ihnen diesmal der Bildungsauftrag der PC-Ersatzteil-Branche ein Anliegen. Anatomie vor allem. Wir lernen, dass Brüste rund wie CDs sind, und dass sich unter dem Höschen etwas befindet, was man natürlich nicht auf einem Flyer zeigen kann, dessen Richtung aber geschickt mit dem Domain-Schriftzug nachgestellt wurde. Ja, so kann sich das selbst der unerfahrene Nerd vorstellen. Also wieder ein Flyer, der in erster Linie Frauen ansprechen soll, aber von dem auch Männer etwas lernen können. Das ist gelebte Gleichberechtigung.

Danke pcfritz, dass du in diesen komplizierten Zeiten eine Bastion gegen Sexismus und für anspruchsvoll gestaltete Werbung sein willst. Ich muss jetzt schnell meine Brust-CDs wechseln, aber danach werde ich gleich einen weiteren Text schreiben. Schließlich will ich irgendwann in so viel Geld schwimmen wie die geschäftstüchtige Dame in Flyer zwei, und dafür (ja, ich habe es ausgerechnet) fehlen mir jetzt nur noch 739 Artikel über dich. Auf geht’s!

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